Tuesday, September 25, 2012

Folge 54: Comeback in Andritz

Ein neuer Trend belebt die Grazer Gastronomie: Alte Wirtshäuser werden frisch übernommen, zugleich steigt die Qualität. Hätte man kaum für möglich gehalten, aber nach dem Lorenzhof in Weinitzen hat sich auch der Binderwirt in Andritz nach Jahren der Experimente endlich erfangen. Weitere Beispiele in der Innenstadt demnächst hier in diesem Kanal.

Vis á vis des Stuckitzbads kann man nun wieder unkompliziert und angstfrei essen gehen. Der junge Herr Wirt, Manuel Linhart, war zuletzt im Torona am Färberplatz und hat dort gelernt, wie man ein Geschäft führt. Die Inneneinrichtung hat sich leider in den vergangenen Jahren sehr deutlich von einem Beisl entfernt, aber vielleicht lässt sich das peu a peu wieder rückbauen. Die Gasträume könnten etwas breiter und geräumiger sein – wenn man schon beim Renovieren wäre...

 

Gekocht wird im Binderwirt sehr ordentlich, die Grießnockerlsuppe ist eine der besten, die wir in den vergangenen Jahren verspeisten. Bei den Hauptspeisen stimmt die Richtung, aber das eine oder andere lässt sich noch verbessern. Das Verhältnis zwischen Sauce und Beilage etwa sollte nicht 2:1 sein, sonst ist die Überschwemmung am Teller vorprogrammiert. Das Fleisch ist gut, aber noch nicht sehr gut. Die Desserts hingegen sind schon jetzt sehr zu empfehlen. Grießflammerie und Espressomousse sind mit EUR 4,60 zwar im Premiumbereich angesiedelt, aber aufgrund ihrer Qualität den Preis eindeutig wert. Gut besucht ist die Lokalität übrigens auch schon, die Andritzer Mundpropaganda läuft auf Hochtouren. Eine Reservierung zu Mittag schadet also nicht.


Der Binderwirt, Andritzer Reichsstraße 28, 8045 Graz, Mo–Sa 11.30–14.30 und 18–22 Uhr, Tel. 0316/320582, www.derbinderwirt.at

Tuesday, September 11, 2012

Folge 53: My home is my Putenpariser


Wenn man im früheren Fink anruft, um einen Tisch zu reservieren, so ist das derzeit erstens eine unnötige Fleißaufgabe und zweitens lustig. "Hier ist das frühere Fink", meldet sich eine Stimme. Das sagt wohl alles über die Positionierung des Lokals, das jetzt "Egger's" heißen muss. Es hat sich praktisch nichts geändert am Freiheitsplatz und wenn doch, dann nicht zum Besseren. Die Zeiten, als das Fink ein "In-Lokal" war, sind vorbei, nur der unbekannte Autor der Speisekartentexte versucht noch einmal, an sie zu erinnern. Der Mann (oder die Frau) verfügt ohnehin über gute Phantasie, so ist ebendort auch von "kulinarischen Köstlichkeiten in einzigartigem Ambiente" die Rede und von fairen Preisen.


Es ist Samstag Abend bei unserem ersten Besuch. Beim Inder wenige Meter weiter "unten", ist der Gastgarten voll. Am Glockenspielplatz und am Mehlplatz sitzen ohnehin Massen. Nur beim Egger's (Tschuldigung für den falschen Apostrophen, aber der ist original), da herrscht gähnende Leere. Das Bier ist gut gezapft, dennoch ist es mutig für eine oberösterreichische Brauerei, sich mitten in der steirischen Landeshauptstadt behaupten zu wollen. Die Abendkarte ist klein und belanglos, wie die Kollegin vom G7 richtig festhielt. Was sie bedauerlicherweise nicht schreiben wollte oder konnte: Auch das Essen ist zum Vergessen. Der Lachs-Wrap um stolze 4,80 EUR ist ein Verhau, besonders schlimm die süße Honig-Senf-Sauce. Pizzaiolo (5,10 EUR) soll laut Beschreibung ein warmes Sandwich mit Prosciutto, Kapern, Salamino, Tomaten und Mozzarella sein. Man kann aber auch Schinken-Käse-Toast dazu sagen. Das kann doch nicht alles sein, denken wir und testen einige Tage später auch das Mittagsmenü.

   

Für 7,50 EUR gibt es eine sehr salzige Kräuterrahmsuppe in der Müslischale, ein Pariser Schnitzel von der Pute mit klebrigem Erbsenreis und einen Obstsalat auf Orangensaft-Basis. Kantinenessen in der Innenstadt, ob das lange gut geht?

Egger's, Freiheitsplatz 2, 8010 Graz, Tel. 0316/833512